Pressemitteilung zum 53. Hessischen Imkertag 2023

Eröffnung

Oliver Lenz als Vorsitzender des Landesverbandes Hessischer Imker eröffnete den 53. Imkertag in Grünberg, der Gründungsstadt aus 1963. Die Veranstaltung fand erstmals wieder ohne Auflagen statt. Obwohl öffentlich für alle Interessierten zugänglich, richtet sich die Veranstaltung insbesondere an die 12.000 Imker mit ihren rund 68.000 Bienenvölkern in Hessen.

Oliver Lenz betonte, dass in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs auch wir Imker nicht von den Veränderungen im 21. Jahrhundert verschont bleiben. Zusammenarbeit verbessern, neue Kooperationen suchen und eingehen, im WIR denken und handeln ist das Gebot der Stunde. Auch wir als Landesverband hinterfragen uns bei unserem Tun. Ist es richtig 40 Jahre das Gleiche zu machen und immer wieder auf ein besseres Ergebnis zu hoffen? Bei steigenden Anforderungen veränderten technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen und wachsenden Aufgaben allein durch die steigende Mitgliederzahl stellt sich auch die Frage, ob und in welcher Form das alles künftig ehrenamtlich bewältigt werden kann.

Andacht

Eine ökumenische Andacht bildete den weiteren Auftakt des Imkertages in der Gallushalle. Hier wurde deutlich herausgestellt, wie die Biene bereits in der Vergangenheit Einzug in Kirchenlieder und Gedichte gehalten hat. Der direkte Bezug zwischen Bienenhaltung und christlichen Werten wurde deutlich.

Grußworte

In den folgenden Grußworten betonten die Verbandsvertreter und die Politiker die hohe gesellschaftliche Bedeutung der Bienenhaltung. Obwohl vorwiegend als Hobby praktiziert, seien damit enorme ökologische und ökonomische Wertschöpfungen verbunden. Das Engagement der Bienenhaltung könne gar nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Die hessische Umweltministerin Priska Hinz gratulierte dem Verband zum 60.Geburtstag und wünschte dem neuen Vorstand ein gutes Gelingen in der aktuell herausfordernden Zeit des Umbruchs. Vor diesem Hintergrund ließ es sich Frau Hinz auch nicht nehmen, persönlich den ausgeschiedenen langjährigen Vorsitzenden Manfred Ritz mit der goldenen Ehrenplakette des Landes Hessen auszuzeichnen und zu ehren. Er habe den Verband in einer vorbildlichen Art und Weise repräsentiert und geprägt. Der Erwerb eigener Geschäftsräume, der Kauf der Schauimkerei auf dem Hofgut Guntershausen und diverse andere Landesprojekte fallen in die Zeit seiner Vorstandsarbeit. Ein Schwerpunkt seines Wirkens war es immer, Menschen zusammenzubringen und Kooperationen mit anderen Verbänden einzugehen. Herr Ritz bedankte sich bei seinem damaligen Vorstandsteam für die hervorragende Zusammenarbeit, ohne die diese Projekte alle nicht möglich gewesen wären. Maßgeblich beteiligt war aber auch seine Ehefrau und die Familie, die ihm immer wieder den Rücken für sein Engagement freigehalten haben.

Festrede

Es folgte die Festrede von Torsten Ellmann, dem Präsidenten des Deutschen Imkerbundes (DIB). Anlässlich des 60. Geburtstages erinnerte er an die gesellschaftlichen Verhältnisse und Ereignisse aus dem Jahr 1963. Das ZDF nahm den Sendebetrieb auf, J.F. Kennedy besuchte Berlin und wurde noch im gleichen Jahr ermordet. Gesellschaftlich hat sich seit den 60ern einiges verändert. Auch bei der Bienenhaltung sind heute Rahmenbedingungen vorhanden, die es 1963 nicht gab. Trotzdem gab es bereits damals den Deutschen Imkerbund, der heute rund 138.000 Imker mit 900.000 Bienenvölkern vertritt.

Torsten Ellmann beleuchtete in seiner Rede die aktuellen Themen der Imkerei. BiodiversitätTierwohlLebensmittelsicherheitKlimaschutzPflanzenschutzFlächenversiegelung und viele anderen Themenfelder befinden sich im Umbruch. Sie dürfen aber nicht isoliert betrachtet, sondern gemeinsam gedacht und neu ausgerichtet werden. Hier ist der Deutsche Imkerbund in verschiedenen Gremien und auf vielen Ebenen aktiv. Aber auch jeder einzelne Imker wird sich ändern müssen, um nicht selbst ein Glaubwürdigkeitsproblem zu bekommen.

Das DIB-Honigglas und die Marke „Echter Deutscher Honig“ stammt aus dem Jahr 1925. Bereits damals ging es um die Abgrenzung zu Importen und Verfälschungen. Das Thema hat an Aktualität nicht verloren. Ganz im Gegenteil, die Kennzeichnungspflicht ist verbesserungswürdig. Für den Verbraucher besteht keine Transparenz auf dem allgemeinen Honigmarkt. Hier setzt sich der DIB für Verbesserungen ein. Leider drehen wir uns bisher im Kreis und kommen nicht entscheidend voran. Umso wichtiger ist es, unser Produkt offensiv zu vertreten. In diesem Zusammenhang bietet sich der Tag der Imkerei an. Für diesen Tag Anfang Juli steht das Werbepaket des DIB zur Verfügung, welches die Vereine noch bestellen können.

Vortrag

Elektronische Trachtbeobachtung, Nektar- und Polleneintrag und deren Auswirkungen auf die Bienengesundheit. Referent Herr Dr. Christoph Otten, Fachzentrum Bienen und Imkerei, Mayen

Herr Dr. Otten begann seine Ausführungen mit der geschichtlichen Entwicklung der Trachtbeobachtung. Bereits im 19. Jahrhundert gab es Aufzeichnungen über die Gewichtszunahmen eines Bienenvolkes im Zeitverlauf. Bis zum Jahr 2010 wurden ausschließlich mechanische Waagen hierfür genutzt. Die Datenerhebung und Übermittlung waren fehleranfällig und ungeprüft. Die elektronische Erfassung und Übermittlung seit 2011 erfolgt automatisiert und wird elektronisch plausibilisiert im kurzfristigen Rhythmus von 5 Minuten. Mechanische Eingriffe des Imkers können so herausgerechnet werden. Mithilfe dieser Werte können Versorgungslücken erkannt, aber auch die Qualität eines Bienenstandes bewertet werden.

Im Jahresverlauf wird der Trachtbeginn durch den niedrigsten Punkt der Kurve, das Trachtende durch den höchsten Punkt der Kurve definiert. All diese Informationen sind auf der Seite des Institutes Mayen hinterlegt und können von jedermann eingesehen werden. Einzelauswertungen sind genauso möglich wie die Durchschnittsangaben einer Region oder des Landes. Witterungseinflüsse und die Konsequenzen des Klimawandels können analysiert werden. Man kann bereits heute gewisse Zusammenhänge sehen.

Bei einem frühen Trachtbeginn ist im Folgejahr von höheren Winterverlusten auszugehen. Höhere Durchschnittstemperaturen führen zu mehr Tautracht, was wiederum für die Überwinterung nachteilig ist. Viele Auffälligkeiten sind erkennbar, ohne dass man heute schon genau die Ursachen hierfür kennt. Es bedarf hier noch weiterer Untersuchungen. Hilfreich wären in dem Zusammenhang weitere Daten durch zusätzliche Waagen Standorte. Herr Dr. Otten ermunterte die Imkerschaft zur Teilnahme an diesem Verfahren und auch zur Teilnahme am Blühmonitoring, welches sich mühelos mit dem Smartphone unterstützen lässt. Nähere Details zum Mitmachen unter www.Bienenkunde.rlp.de. Dort kann man auch den GeoBoxViewer einsehen. Er gibt hilfreiche Aussagen über die Landschaftsstruktur im Umfeld des eigenen Bienenstandes.     

Ehrungen

Nachmittags erfolgten dann die Ehrungen, die von der aktuellen und den ehemaligen und regionalen Honigköniginnen begleitet wurden. Für den ausrichtenden Bienenzuchtverein Grünberg wurden Alexander Rudolph, Frank Schmied, Bärbel Eberl und die ehemalige Honigkönigin Annemarie Sauerbier für 15 Jahre Mitgliedschaft geehrt. Für seine 25-jährige Mitgliedschaft und Imkerei wurde Nikolas Walter vom Grünberger Verein ausgezeichnet.  

Danach schloss sich eine weitere Ehrung für Manfred Ritz an. Der Landesverband ernannte ihn zum Ehrenvorsitzenden. Finanzvorstand Lothar Wehner überreichte ihm hierfür die Ehrenurkunde und eine Bildpräsent.

Vortrag

Varroareduziert imkern – Historisches, Aktuelles, Ausblick.
Referentin Adelheid Maria Klein, Imkerschule Weiselrichtig, Pürgen

Im Gründungsjahr 1963 gab es in Deutschland noch keine Varroa destructor. Damals begann die Bienensaison im März und endete spätestens Ende Oktober. Dazwischen war Ruhe am Bienenstand. In Europa wurde die Varroa Milbe erstmals 1967 in Bulgarien nachgewiesen. Zehn Jahre später dann auch in Deutschland.

Der Vortrag von Frau Klein hatte die Biologie der Varroa Milbe im Fokus: Besseres Verstehen der Populationsentwicklung im Jahresverlauf. Nur wenn die Entwicklung der Milbe verstanden und bewertet werden kann, ist eine varroazid-reduzierte Imkerei erfolgreich möglich. Ein besonderes Augenmerk legte sie auf einen guten Wärmehaushalt im Bienenvolk. Sofern durch Auskühlung der Brutwaben das Schlüpfen der Arbeiterinnenbrut von 21 auf 22 Tage verlängert wird, ermöglicht das der Mutter-Milbe eventuell eine zweite begattete Tochter-Milbe zusätzlich zum Schlüpfen zu bringen. Was das für Auswirkungen auf das ohnehin exponentielle Wachstum der Milbenpopulation hat, dürfte seit Corona bekannt sein. Sollte es im Gegenzug möglich sein die Brutzeiträume der Bienen auf 20 Tage zu verkürzen, würde das die Milbenvermehrung erschweren und die Milbenbelastung im Volk dämpfen.

Fazit: Die Biologie der Milbe kennen, Wärmehaushalt im Bienenvolk kontrollieren, auf eine richtige Nestgröße achten, Milben zählen, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse nutzen und eigene Beobachtungen und Auffälligkeiten notieren, sind wichtige Werkzeuge für eine erfolgreiche Imkerei ohne Varroaverluste.  

Zuletzt

Zum Abschluss der Veranstaltung dankte Oliver Lenz den Mitgliedern des gastgebenden Ortsvereins Grünberg für hervorragende Organisation der Veranstaltung und den Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle in Kirchhain für ihre langjährige, zuverlässige und kompetente Mitarbeit. Mit der Einladung zur Teilnahme am diesjährigen Honigtag im November in Friedberg endete der Imkertag 2023 in der Gallushalle in Grünberg.